Auch der Eintrag über Heribert Illig entspricht nicht den Wikipedia-Standards

Dass die Berichterstattung der Wikipedia über uns nicht zu den Glanzleistungen des eigentlich umfassend informieren wollenden Online-Lexikons gehört, mussten wir auf diesen Seiten schon einmal feststellen. Damals ging es um den Artikel Erfundenes Mittelalter, der einen plötzlichen Qualitätsabsturz erlebte, von dem er sich bis heute nicht erholt hat.

Ein wenig, aber nicht viel besser, ist der Beitrag über Heribert Illig [Abfrage vom 28.02.09].

Immerhin fehlen hier die groben Schnitzer, die den anderen Artikel praktisch unlesbar machen. Mir zumindest sind im Beitrag über Illig nur zwei kleinere Ungenauigkeiten aufgefallen. Die erste ist die Behauptung: „Er [Illig, jb] ist ferner Inhaber des Mantis-Verlags in Gräfelfing, in dem diese Zeitschrift und Bücher von Illig und Heinsohn erscheinen“. Der Satz erweckt den Eindruck, dass Mantis keine Bücher von anderen Autoren verlegt, was natürlich nicht stimmt. Zum zweiten Fehler siehe weiter unten.

Ansonsten das übliche Verdrängen, Verschweigen und Verharmlosen: Zunächst einmal ist der Artikel viel zu kurz, um den ungewöhnlichen Werdegang des wissenschaftlichen Außenseiters Illig angemessen darstellen zu können. Nirgendwo erfährt der Leser, wie Illig auf seine dem Mainstream so schroff widersprechenden Thesen gekommen ist: als wurden sie aus dem Nichts geboren und als gäbe es für Illigs Überlegungen keinen erwähnenswerten gedanklichen Hintergrund. Fast hat es den Anschein, dass der Leser Illigs Gründe nicht erfahren darf, weil er sonst einen Anflug von Verständnis spüren und auf den Geschmack kommen könnte.

Warum Velikovsky als Illigs Ideengeber nicht genannt wird, bleibt schleierhaft: enthält Wikipedia doch einen Beitrag über Velikovsky, der viel ausführlicher ist als der über Illig und der durchaus einen Hinweis verdient hätte. Nur wenn der Leser Glück hat, klickt er den Link Gesellschaft zur Rekonstruktion der Menschheits- und Naturgeschichte an, über den er dann unter anderem auch auf den Namen Velikovsky stößt.

Geradezu komisch wirkt, dass die Mittelalterthese in einem Absatz von lediglich drei Zeilen abgehandelt wird. Das ist weniger als die fünf Zeilen über Heinsohns und Illigs Ägyptenbuch. Dieses Buch korrigiert und vertieft zwar Velikovskys Untersuchungen, stellt aber doch noch nicht die originelle Forschungsleistung dar, die Illig mit der Fantomzeitthese vorgelegt hat. Man braucht nur den Umfang von Illigs Veröffentlichungen über die beiden Themen zu vergleichen, um sich klar zu machen, welches das wichtigere ist.

Fast noch seltsamer ist, dass es keinen Link auf www.fantomzeit.de gibt. Der Leser findet uns zwar auch so, denn wir sind bei Google ganz gut aufgestellt (die Homepage wird immer häufiger besucht). Seltsam ist es aber deshalb, weil auf unseren Seiten nicht weniger als vierzehn Zeitensprünge-Beitrage von Illig veröffentlicht sind.

Sollten die Autoren des Wikipedia-Artikels das nicht wissen? Man möchte es nicht glauben. Aber ebenso unverzeihlich wäre es, wenn sie den Hinweis auf fantomzeit.de mit Absicht unterdrückten. Hat man etwa Angst vor uns? Traut man der Urteilsfähigkeit der Wikipedia-Leser nicht? Was wäre so schlimm daran, wenn der Wikipedia-Benutzer erfahren würde, wo er Illig im Original online lesen kann? [Ergänzung am 16.03.09: Inzwischen ist dieser Kommentar mit dem Illig-Eintrag verlinkt worden.]

Freilich ist das Fehlen von informativen Webadressen ein Mangel, der nicht nur den Illig-Eintrag betrifft. Im Artikel über Velikovsky etwa sucht man den Link auf http://www.varchive.org/ vergeblich, was ebenfalls kaum nachvollziehbar ist. Der längere Zeit enthaltene Link auf unsere Homepage im Beitrag Erfundenes Mittelalter ist vor kurzem aus unerfindlichen Gründen wieder entfernt worden.

Ein weiteres Symptom dafür, dass es bei Wikipedia nicht ganz mit rechten Dingen zugeht, sobald die Chronologiekritik ins Spiel kommt, findet sich im Artikel Dunkle Jahrhunderte. Dass diese das Ergebnis einer fehlerhaften Chronologie sein können, scheint den Wikipedia-Autoren keiner Überlegung wert zu sein. Der Umstand, dass die alten Griechen so wenig wie sämtliche Historiker vor dem 20. Jahrhundert von einer dunklen Zeit zwischen Mykene und der griechischen Polis wussten, wird dem Wikipedia-Leser verschwiegen. Ob Absicht oder Ahnungslosigkeit der Wikipedia-Autoren: auf jeden Fall trägt das Lexikon hier nicht zur Aufklärung und Weiterbildung seiner Leser bei. Dass im Beitrag weder Velikovsky noch Illig erwähnt werden, kann bei solchen Verhältnissen nicht mehr verwundern.

Die Verdrängungskunst der Wikipedia-Autoren führt schließlich fast zwangsläufig zum Fehler im letzten Absatz des Illig-Eintrags – dem oben erwähnten zweiten Lapsus. Denn dass Illigs „Thesen zur Chronologiekritik … vornehmlich in populärwissenschaftlichen Veröffentlichungen sowie der Tagespresse mediale Aufmerksamkeit“ erhielten, kann nur behaupten, wer unsere Seiten nicht zur Kenntnis nimmt. Oder sollte die Aufmerksamkeit, die wir im Netz genießen, etwa keine „mediale“ sein?

[Angesichts der hier geäußerten Kritik fragt sich vielleicht jemand, warum wir nicht selbst an Wikipedia-Artikeln mitschreiben. Die Frage ist zweifellos berechtigt. Allerdings waren mehrere Vertreter der Fantomzeitthese in der Vergangenheit Mitarbeiter der Wikipedia und sind es zum Teil auch jetzt noch. Man lese zu diesem heiklen Thema den letzten Abschnitt des Artikels de.wikipedia.org: Erfundenes Mittelalter sowie die anschließende Diskussion in den Kommentaren – insbesondere Kommentar 15 von Glasreiniger.]

Als Fazit ist festzuhalten, dass der Umgang der Wikipedia mit Chronologiekritik und Fantomzeitthese nach wie vor merkwürdig verkrampft erscheint. Gelegentlich entsteht sogar der Eindruck, dass eher desinformiert als informiert werden soll. Ein einigermaßen unparteiischer und sachlicher Bericht über unser Anliegen ist offenbar immer noch nicht möglich. Das ist bedauerlich für den interessierten Leser, bedauerlich für uns und nicht zuletzt bedauerlich für die Wikipedia selbst, der solch fragwürdige Beiträge nicht unbedingt gut anstehen.

[Ergänzung am 18.10.10: Ein Kommentar von Heribert Illig zum seltsam voreingenommenen Umgang der Wikipedia mit Kritik an der geltenden Chronologie findet sich hier.]

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