Prof. Dr. Dieter B. Herrmann macht weiterhin fleißig Werbung gegen uns: Vor zwei Wochen trug er in Bautzen, vor einer Woche in Görlitz vor. Sonnenfinsternisse sollen die These einer frühmittelalterlichen Phantomzeit widerlegen.
Nun ist die historische Astronomie zugegebenermaßen ein spannendes Feld, wir beschäftigen uns ja selbst seit den Anfängen bei Velikovsky mit diesem Bereich. Ob Herrmann aber die neueren amerikanischen Entwicklungen auf seinem eigenen Fachgebiet kennt? Andreas Otte hat uns dankenswerterweise in seinem ZS-Artikel und im Weimarer Vortrag auf sie aufmerksam gemacht.
Für ein Universum, in dem 99% der Materie aus Plasma besteht, ist ohne Zweifel die Plasmaphysik die zuständige wissenschaftliche Disziplin. Dass die Amerikaner hier weiter sind als wir in Europa, zeigt allein schon der Vergleich des deutschen Wikipedia-Artikels über Plasmaphysik mit dem englischen. Birkeland und Alfvén scheinen von unseren Physikern und Astronomen immer noch gründlich verdrängt zu werden.
Einen guten Einblick in den Fortschritt der amerikanischen Überlegungen zum elektrischen Universum bietet die Seite www.thunderbolts.info. Der Einstieg dort wird erleichtert durch die pictures of the day mit schönen Bildern von gravitationstheoretisch nicht wirklich überzeugend erklärbaren Phänomenen. Eine vergleichbare deutsche Seite ist mir nicht bekannt.
Ob ein elektrisches Universum etwas ändern würde? Selbstverständlich lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, dass Erd- und Mondbahn um die Sonne in früheren Zeiten anders gewesen sind als rein gravititationstheoretisch anzunehmen. Ausschließen dürfen wir das aber ebensowenig.
Das plasmaphysikalisch gedeutete elektrische Universum bringt zudem Velikovsky wieder ins wissenschaftliche Gespräch. Denn es ist nicht nur verstärkt mit veränderten Planeten- und Mondbahnen, sondern darüber hinaus mit kosmischen Katastrophen noch in historischer Zeit zu rechnen.
Die FZT mit SoFis zu widerlegen wird vor diesem Hintergrund praktisch unmöglich. Die Unwägbarkeiten sind zu groß geworden. Bekanntlich hat Prof. Herrmann das selbst schon einmal so gesehen – damals freilich noch ganz ohne Plasmaphysik und elektrisches Universum.
Birkeland-Ströme
Ein weiterer Hinweis auf die im Vergleich zum englischen Sprachbereich rückständige deutsche Astroplasmaphysik ist das Fehlen eines eigenen wikipedia-Eintrags zu den Birkeland-Strömen.
Die englische wikipedia erläutert den Birkeland current als “a specific magnetic field aligned current in the Earth’s magnetosphere which flows from the magnetotail towards the Earth on the dawn side and in the other direction on the dusk side of the magnetosphere. Lately, the term Birkeland currents has been expanded by some authors to include magnetic field aligned currents in general space plasmas“.
Wer dagegen in der deutschen wikipedia unter “Birkeland-Ströme” sucht, wird weiter verwiesen auf den Artikel Magnetosphäre. Hier werden dann die Birkeland-Ströme zwar beschrieben als Ströme, “die aus Elektronen bestehen, die sich aufgrund der Lorentzkraft in Spiralen um die von Nord- nach Südpol verlaufenden Magnetfeldlinien bewegen”. Die im Englischen inzwischen übliche Übertragung des Begriffs auf Plasmaströme auch außerhalb der Magnetosphäre bleibt aber unerwähnt.
Immerhin zeigt etwa diese Seite der Ruhr-Universität Bochum, dass die neueren Entwicklungen nicht ganz verschlafen werden. Mit Recht registriert der Text ein wachsendes “Interesse an sogenannten Staubplasmen, die in vielen kosmischen als auch terrestrischen Szenarien auftreten: Sternentstehung, planetare Ringsysteme oder Mikrochipherstellung”.