von Andreas Otte
In archäologischen Veröffentlichungen findet sich gelegentlich eine Kritik der C14-Methode. Überraschend ist jedoch, dass sich dabei in einem Fall auf den C14-Crash von Christian Blöss und Hans-Ulrich Niemitz bezogen wurde, also ein Buch aus dem Umfeld der Chronologie-Kritik. Bei mindestens einem Vertreter des Mainstream ist die Kritik offenbar angekommen. Es handelt sich um den Text “Feuer, Funde und viele Fragen: Rätselhafte Sonderbestattungen aus Gaimersheim, Oberbayern” von Natascha Mehler mit einem Zusatz-Beitrag von Carola Berszin & Joachim Wahl aus dem Band Richtstättenarchäologie [Auler, 190-204].
Auslöser war im vorliegenden Fall offenbar eine Ausgrabung von 1999 im Markt Gaimersheim (Landkreis Eichstätt, Oberbayern). In drei parallel angelegten länglichen Gruben (zwischen 2,4 und 2,8 m lang) fanden sich jeweils vier “Pfostengruben” in einer Linie aufgereiht . Diese Pfostengruben enthielten eine große Menge Leichenbrand. Der Leichenbrand stammt von mindestens neun Individuen, verteilt über alle drei Längsgruben. Vergesellschaftet mit dem Leichenbrand waren Funde des Neolithikums (Horstein-Abschläge, Klingen, usw.) wie auch des Spätmittelalters (Keramik, eine Kachel, usw.). Die C14-Analyse zweier Knochen erbrachte mit Nachmessungen 3660-3490 BC, sowie 3360-3020 BC (beide Messergebnisse kalibriert). Die Funde datieren demnach überwiegend in die Chamer-Kultur, schließen aber nicht direkt aneinander an.
Weder aus dem Neolithikum noch aus dem Spätmittelalter ist eine derartige Struktur bisher bekannt. Die Regelhaftigkeit der Anlage lässt eine gleichzeitige Bauzeit vermuten. Im 15. oder 16. Jh. fand offenbar ein Bodeneingriff statt, wobei ein jungsteinzeitlicher Befund gestört wurde. Soweit besteht Einigkeit. Bei der Diskussion der Frage, was die Gruben darstellen, hängt jedoch alles davon ab, ob man den C14-Messugen vertraut oder nicht.
Vertraut man den C14-Messungen, stammen die Knochen aus dem Neolithikum. Kritisch anzumerken ist, dass der unverbrannte Knochen etwas jünger als der verbrannte ist, die Gesamtkonstruktion also nicht in einem sich überschneidenden Zeitabschnitt liegt. Zum zweiten hat in der Verfüllung der Pfostenlöcher kaum Bodenbildung stattgefunden. Die Form der hochmittelalterlichen Störung ist unklar, eine Einschleppung der Keramik durch Tiere wird wegen des Umfangs der Einbringung ausgeschlossen.
Vertraut man den C14-Messungen nicht, dann könnte es sich um eine spätmittelalterliche Brandkatastrophe handeln. Die zu Tode gekommenen Personen wurden auf der Flur bestattet, wobei neolithische Befunde gestört wurden. Gegen eine Grabanlage spricht jedoch die Anlage in drei Gruben mit 12 Pfosten. Hier wäre eine einzelne Grube ohne Pfosten zu erwarten gewesen.
Eine zweite, und offenbar präferierte Variante ohne Beachtung der C14-Ergebnisse ist die Vorstellung einer hochmittelalterlichen Richtstätte. Dann wäre der Befund eine Scheiterhaufen-Konstruktion gewesen. Denkbar ist, dass hier 12 Personen (auch Kinder) an Pfosten verbrannt wurden. Anschließend wurde der Leichenbrand in den Pfostenlöchern verfüllt. Für diese Variante spricht unter anderem die Nähe zu Eichstätt, einer Hochburg der Hexenverfolgung in Oberbayern, sowie der hohe Verbrennungsgrad des Leichenbrandes.
Zu den C14-Ergebnissen wird angemerkt, dass diese zwar oft veröffentlicht werden, aber überwiegend nur dann, wenn sie zum Befund und den Funden passen [Auler, 201]. Die unbequemen Daten werden kaum publiziert und zur Diskussion gestellt. Die Offenheit, mit der diese Problematik angesprochen wird, ist für eine Mainstream-Publikation überraschend. Und überraschend ist eben auch, dass der aus dem Umfeld der Chronologie-Kritik stammende C14-Crash von Blöss/Niemitz die Hauptquelle für die C14-Kritik in diesem Beitrag ist. Weitere Informationen zur Kritik an der C14-Methode und auch der Dendrochronologie aus Sicht der Chronologie-Kritik finden sich hier:
http://www.fantomzeit.de/?p=370
http://www.fantomzeit.de/?p=963
http://www.fantomzeit.de/?p=982
http://www.fantomzeit.de/?p=1375
http://www.fantomzeit.de/?p=1445
http://www.fantomzeit.de/?p=2231
Auch Heribert Illigs “Aachen ohne Karl den Großen” dokumentiert eine Reihe von verdächtig obskuren C14- und Dendrochronologie-Datierungen.
Literatur
Auler, Jost (2008): Richtstättenarchäologie; Dormagen
Blöss, Christian / Niemitz, Hans-Ulrich (22000); Der C14-Crash. Das Ende der Illusion, mit Radiokarbonmethode und Dendrochronologie datieren zu können; Berlin