Am 2. 11. 2010 ist traurigerweise Prof. Dr. Hans-Ulrich Niemitz gestorben. Den längsten Nachruf, eine regelrechte Eloge schrieb ihm Uwe Topper (http://www.ilya.it/chrono/pages/niemitznachdt.html). Das wäre von ihm nicht unbedingt zu erwarten gewesen. Denn Niemitz hat ihn zusammen mit Christian Blöss bereits 1999 wegen erwiesener, diffamierender Lügen aus dem von ihnen 1994 gemeinsam gegründeten Berliner Geschichtssalon ausgeschlossen. Niemitz war ihm auch gram, weil Topper daraufhin die Bezeichnung „Geschichtssalon“ nach Karlsruhe verschleppte. Warum also trotzdem diese Eloge im feinsten latinischen Stil – nil nisi bene?

Die Frage ist einfach zu beantworten: Topper möchte die Gewichtungen beim Entstehen der Phantomzeitthese verändern, Prioritäten untergraben, Platz für sich selbst schaffen. Weil Niemitz tot ist, entlarve ich an seiner Stelle diesen schamlosen Versuch, als Nekrologschreiber Geschichte zu klittern.

Die erste grobe Irreführung enthält Toppers Überschrift: „Der Vater der ‚Fantomzeit’“. Sie suggeriert, dass Niemitz der Vater der Phantomzeit sei, und das gegen dessen eigene Einschätzung (s.u.). Aber Topper könnte sich leidlich herausreden: Er habe doch gemeint, dass Niemitz der Vater des Wortes „Phantomzeit“ sei, womit er recht hätte. Aber für Normalleser hat Topper den eigentlichen Entdecker der Phantomzeit sofort abserviert.

Ein paar Absätze weiter geht es um die Anfänge dieser „Phantomzeitthese“. Topper stieß zwar erst knapp vier Jahre später zu den Protagonisten, fühlt sich aber berufen, über allererste Anfänge zu berichten und zu richten. Er bezieht sich auf den Beitrag von Peter Mikolasch in Ottes Buch „Zeitenspringer. Heribert Illig zum 60. Geburtstag“. Der habe mit Herbert Reichel und Thomas Riemer großzügig die Mittelalterlücke entworfen, worauf Illig als „der Vierte im Bunde“ diese Idee aufgriff.

Mikolasch hat sich 1990 tatsächlich mit Reichel und Riemer über Zweifel an dunklen Jahrhunderten unterhalten, Wochen später dann auch mit mir. Über Thomas Riemer und dessen Beschäftigung mit Wilhelm Kammeier wurde das Mittelalter für einige Leser von Vorzeit-Frühzeit-Gegenwart interessant, so auch für Niemitz und Angelika Müller. Aber sie dachten im Kern nur an Urkundenfälschungen, an deren eigentlichen Zweck und an entsprechende Neugewichtungen. Da ich bei dem Dreiergespräch nur für Topper der Vierte im Bunde war, reagierte ich erst auf die von Niemitz gestellte Frage zum antizipativen Charakter frühmittelalterlicher Fälschungen, fand ein Prüfkriterium, eine neue, kalenderbezogene Antwort, sah den kaiserlich-päpstlichen Zugriff auf die Zeitachse, das Vordrehen der Uhr hin zu einem heilsgeschichtlich relevanten Datum mitsamt der Möglichkeit, fast drei Jahrhunderte Geschichte nach eigenem Gusto zu erfinden. Dieses Thesengebäude ließ sich durch die dramatische Fundarmut entscheidend untermauern.

Um diese Einfälle beneidet mich Topper und schildert mich deshalb als ideenlosen ‘Viertverwerter’. Aber auch Niemitz beschreibt den Vorgang, wie er war, und Topper zitiert auch ihn: „Als Heribert (Illig), kaum war er informiert, hier mit einstieg, fand er die elegante Lösung.“ So einfach war es. Aber Topper als oberster Richter ignoriert Niemitz und fährt fort: „am Ende bleibt das Kollektiv“. Dazwischen streut er noch die Falschmeldung ein, Niemitz habe mit Illig „die konkretere Zeitspanne von 297 Jahren“ entwickelt. Doch das blieb mir allein vorbehalten, weil Niemitz damals immer wieder auf Kammeier zurückkam, während ich meine eigene Idee als zukunftsweisender erachtete.

So kann Topper den toten Niemitz einen Moment lang dazu brauchen, um mir die Idee vom erfundenen Mittelalter aus den Händen zu winden und zugleich zu bedauern, dass dessen bei mir erschienenen Aufsätze so schwer zugänglich seien – als ob sie nicht online gesucht und bestellt werden könnten.

Es bleibt „das Kollektiv“ der Urheber, dem Topper sich wohl selbst zurechnet. Da ist noch mehr von ihm zu erwarten: Nachdem er im Niemitz-Nachruf bereits über den Rest meines Lebens nachdenkt, erweckt er lebhaft den Eindruck, als ob er sich – oder seinen Sohn – bereits für die Übernahme meiner Idee rüste. Das läge nahe, hat er doch längst ein flankierendes Buch über die 297 Jahre geschrieben und behauptet, ich hätte ihm – Plagiat! – diese Zeitangabe gestohlen. Auch diese freche Lüge hatte sehr kurze Beine, was ihn nicht gehindert hat sie zu versuchen.

So stört Topper sogar die Totenruhe, um die Entstehungsgeschichte der Phantomzeitthese nach seinem Gusto zu klittern. Aber so kennen wir ihn. Feinen Geschmack hat er auch bewiesen, als er meine Geburtstagsfestschrift, an der er sich selbst beteiligt hatte, anschließend gehässig zerlegte. Zu seinem eigenen Beitrag merkte er an, dass er dafür „einen lange abgelegten Text“ benutzt habe. So wird der Jubilar von Dankbarkeit entbunden, ist aber darüber informiert, dass Topper viel Zeit damit verbringen musste, den Artikel abdruckfähig zu gestalten.

Doch dort steht noch etwas: Topper präsentiert sich seinen eigenen Worten nach als Gartenzwerg, „reißt sich die rote Zipfelmütze vom Kopf und ruft wie der Igel dem rasenden Hasen entgegen: »Ick bün all da!«“ Bei der Phantomzeitthese muss jederzeit mit dem falschen Hasen „Mecki“ Topper gerechnet werden, der sie schon bislang abwechselnd lobt und tadelt.