1.690 Jahre Architekturgeschichte? (Teil I)

von Karl-Heinz Lewin
(leicht gekürzt aus Zeitensprünge 3/2005)

Die Trierer Doppelkirchenanlage Dom (Nordkirche: Domkirche St. Peter) und Liebfrauen (Südkirche) bezeugt eine ehrwürdig lange Architekturgeschichte. Ursprünglich erbaut in der Römerzeit, mit romanischen, gotischen und barocken Erweiterungen und Umbauten, mussten die beiden Kirchen im Laufe der vielen Jahrhunderte auch immer wieder instand gesetzt werden. Daher sollten sich an oder in ihnen auch Spuren der Bautätigkeit des (laut Heribert Illig „erfundenen“) frühen Mittelalters finden, wenn diese Zeit tatsächlich existierte und deshalb in ihr auch gebaut und instand gesetzt wurde.

Während meiner Schulzeit, von 1960 bis 1968 am Max-Planck-Gymnasium zu Trier kam ich an jedem Schultag auf dem Weg vom Hauptmarkt zum Gymnasium an der Westseite der beiden Kirchen und an der Nordseite des Doms vorbei und konnte an ihnen die frühe mitteleuropäische Baugeschichte durch bloßes Betrachten eindrucksvoll studieren. Von Südwest nach Nordwest begegnete ich dort (vgl. Abb. 2)

  • der Gotik (Liebfrauen und oberer Teil des südl. Westturms des Doms),
  • der Romanik (unterer Teil des südlichen Westturms, nördlicher Westturm und gesamter restlicher Westbau des Doms),

dann von Nordwest nach Nordost (vgl. Abb. 1)

  • der Römerzeit (sog. Römischer Quadratbau, in dem trotz barockem Umbau mit schlankeren Fenstern die Bögen der ursprünglichen, breiteren römischen Fenster noch deutlich zu sehen sind),
  • der Früh-Gotik (Ostchor) und der mittleren Gotik (Chortürme),
  • dem Barock (Heiligrock-Kapelle)

und lernte so diese verschiedenen Baustile zu erkennen und zu unterscheiden.

Die antike Baugeschichte

Der Baubeginn der Nordkirche (Quadratbau, heute Mittelteil des Doms) wird durch Münzfunde (aus dem Jahre 326) in den Fundamenten datiert [R. = Ronig 3]. Unter den Grundmauern fand man in zwei Grabungskampagnen (1945–46 und 1965–68) Trümmer eines palastähnlichen Gebäudes, das im selben Jahr (326) zerstört oder abgerissen wurde [R. 5]. Erhaltene Stücke der Deckengemälde sind im Bischöflichen Museum ausgestellt.

Dom von Nordost: Heiligrock-Kapelle, Ostchor, römischer Quadratbau mit barockem Querschiffsaufbau, Westbau [Ronig 26]

Abb. 1: Dom von Nordost: Heiligrock-Kapelle, Ostchor, römischer Quadratbau mit barockem Querschiffsaufbau, Westbau (Ronig 26)

Trierer Dom und Liebfrauenkirche von Nordwesten, Blick über den Domfreihof [Kuhnen 115]

Abb. 2: Trierer Dom und Liebfrauenkirche von Nordwesten, Blick über den Domfreihof (Kuhnen 115)


Die offizielle Baugeschichte von Dom und Liebfrauen

(Alle Daten aus Ronig [hintere Umschlaginnenseiten], „Datentafel“, Jahreszahlen in der ersten Spalte, ~ = Circa-Daten., fettgedruckte Daten sind durch Münzen oder Bauholz datiert – siehe Text weiter unten; in Klammern die jeweiligen Bischöfe bzw. Erzbischöfe als Bauherren)

315 Baubeginn im Ostteil der Südkirche (heute Liebfrauen) der Doppelkirchenanlage (Agritius)
321 Fertigstellung der Südkirche (Agritius)
326 Baubeginn der Nordkirche (Agritius)
364 Erneuerung des Quadratbaus unter Kaiser Valentinian (Bonosus)
~380 Vollendung des Quadratbaus unter Kaiser Gratian (Britto)
411-51 Eroberungen und Brandschatzungen im Zuge der Völkerwanderungskriege; der Dom brennt aus (Mauritius)
~550 Restaurierung des Doms (Nicetius)
882 Plünderung und Brandschatzung durch die Normannen (Bertolf)
~910/20 Bauarbeiten im Westbereich der späteren Mittelkrypta (Radbod)
931-56 Umbau der konstantinischen Südkirche / Liebfrauen (Ruotbert)
958 (neuer) Kreuzgang mit Kapitelräumen (Heinrich)
989/90 Ummantelung der beiden nördlichen Vierungssäulen des Nicetius mit kreuzförmigen Pfeilern, Andreaskapelle an der Nordwand des Quadratbaus (Egbert)
~1000 feste Mauer mit Türmen um die Domimmunität (Ludolf)
1020 Kaiser Heinrich II. stiftet goldenes Antependium für den Altar
1030-37 Restaurierung und Umbau des Quadratbaus, Einbau der Mittelkrypta (Poppo von Babenberg)
1037-47 Erbauung des Westbaus bis an die Turmansätze (Poppo v. B.)
1040/42 Bauholz aus dem Westbau Poppos
1053-56 Nördlicher Westturm (Eberhard)
1074 Weiterbau des südlichen Westturms (Udo von Nellenburg)
1121 Weihe des Westbaus mit Westkrypta (Bruno v. Bretten u. Lauffen)
~1155/65 Baubeginn des neuen Ostchores (Hillin von Falmagne)
1196 Weihe des Hochalters im neuen Ostchor (Johann I.)
1211 Bauarbeiten am nördlichen Ostchorflankierungsturm (Johann I.)
1217 Bauarbeiten am Mittelschiffgewölbe (Theoderich II. von Wied)
1220 Arbeiten am Dachstuhl (Theoderich II. von Wied)
~1235 Baubeginn der neuen Südkirche (Theoderich II. von Wied)
~1245 Baubeginn des gotischen Kreuzganges mit Nebenräumen (Arnold II. von Isenburg)
1339-54 Osttürme erhalten gotische Fenster und weitere Geschosse (Balduin von Luxemburg)
~1470 „Badischer Bau“ am Nordflügel des Kreuzgangs (Johann II. von Baden)
1480/81 Savigny-Kapelle am Nordflügel des Kreuzgangs (Johann II.)
1515 Erhöhung des südlichen Westturms um das Glockengeschoss (Richard von Greifenklau zu Vollrads)
1664-68 Barockisierung des Westchores innen (Karl Kaspar von der Leyen)
1687-99 Vorderteil der Heiligrock-Kapelle (Johann Hugo von Orsbeck)
1702-08 Heiligrock-Kapelle (Johann Hugo von Orsbeck)
1717 Brand des Doms
1719-23 Wiederherstellung und barocker Umbau (Franz-Ludwig von Pfalz-Neuburg)
1728 Abschluss der Innenarbeiten (Franz Georg von Schönborn)
1824-25 Instandsetzungen, Reparaturen (Josef Ludwig Alois von Hommer)
1832 Empore mit Orgel im Westchor (Josef Ludwig Alois v. H.)
1842-51 Restaurierung (Wilhelm Arnoldi)
1884-10 „Wilhelminische“ Restaurierung des Doms (Michael Felix Korum)
1899/01 Neugotische Sakristei (Michael Felix Korum)
1960-75 Große Domrestaurierung (Matthias Wehr)

Der ursprüngliche Plan der Doppelkirchenanlage (doppelte Grundfläche der heutigen beiden Kirchen Dom und Liebfrauen, vgl. Abb. 3, 4) wurde „nach dem letzten Krieg“ und in den Jahren 1960 bis 1979 archäologisch erschlossen [R. 3, 5, 23]. Andere Quellen geben „mehrere Grabungskampagnen“ in den Jahren 1943–81 an [Kuhnen 116; Stadt Trier 96]. Leider geht aus dem veröffentlichten Grundriss (Abb. 4) nicht hervor, welche Mauerteile tatsächlich gefunden wurden. Hans-Peter Kuhnen kritisiert deswegen den Ausgräber Theodor K. Kempf, Direktor des Bischöflichen Dom- und Diözesanmuseums, der in seinen zwischen 1949 und 1980 erschienenen Untersuchungsberichten

„eindrucksvolle Rekonstruktionen der frühesten Kirchenbauten bot, ohne jedoch konkret zu dokumentieren, wo genau gegraben wurde, welche Befunde tatsächlich beobachtet und welche hypothetisch erschlossen wurden, und welche Funde im Einzelnen den Datierungen zu Grunde liegen“ [Kuhnen 116].

Die Autoren des Landesamts für Denkmalschutz deuten die Anlage als vier dreischiffige Basiliken, von denen die südwestliche „vermutlich als erste im frühen 4. Jh. angelegt“ wurde, „die übrigen Basiliken dürften kaum vor 330 entstanden sein“ [Stadt Trier 96].

Während die Südkirche (oder eine der Südkirchen – die östliche [R. Datentafel] oder die westliche [Stadt Trier 96]?) fertiggestellt wurde, geht aus den Veröffentlichungen nicht hervor, wie weit der erste Bau der Nordkirche über die Fundamente hinaus kam. An gleicher Stelle wird von einem „vermutlich in den späten 340er Jahren begonnenen, um die Jahrhundertmitte nicht weiterverfolgten“ Ostabschluss geschrieben. Erst in der zweiten (oder dritten?) Bauphase (364) wurde der Quadratbau mit etwa 40 Meter Seitenlänge begonnen, „Datierung durch ein im Mauerwerk aufgefundenes Rüstholz“ [R. 4]. Münzfunde im Mauerwerk (Kaiser Gratian) datieren die Vollendung. Der Quadratbau bildet heute noch den mittleren Teil des Doms, seit 1717/23 allerdings nur noch mit zwei von ehemals drei Geschossen.

Die „älteste konkrete Erwähnung des Trierer Domes verdanken wir“ dem hl. Athanasius aus Alexandria, der von 335–337 nach Trier verbannt war und „342/43 […] ein zweites Mal in Trier gewesen sein“ dürfte [R. 6].

In der Völkerwanderungszeit wurde Trier viermal von den Franken erobert (411–431), eine Eroberung durch die Hunnen (451) „ist wahrscheinlich“ [R. 6]. „Bei einer der Brandschatzungen brannte auch der Dom völlig aus“, Abplatzungen an antiken Basaltstufen werden als Hinweis auf die Glut gedeutet. (Eine der beschädigten Granitsäulen – Syenit [Stadt Trier 96] – liegt seit dem 6. oder 10. Jh. vor dem Eingangsportal und dient der Schuljugend als beliebte Rutschbahn; s. Abb. 5.) Bis zur folgenden Restaurierung dauerte es 100 Jahre, „bis dahin hatte man sich mit der – wohl auch nicht unbeschädigten – Südkirche begnügen müssen“ [R. 6]. Kuhnen [121] erwähnt dagegen, der „Wiederaufbau soll in der Südbasilika bereits während des 5. Jahrhunderts […] begonnen haben“.

Doppelkirche des 4. Jh. (rekonstruiert) [Kuhnen 118]

Abb. 3: Doppelkirche des 4. Jh. (rekonstruiert) (Kuhnen 118)

Grundriss von Dom und Liebfrauenkirche [Stadt Trier 97]

Abb. 4: Grundriss von Dom und Liebfrauenkirche (Stadt Trier 97)

Erst Bischof Nicetius brachte Autorität und Geld für die Domrestaurierung auf. Für den Ausbau der Domruine wurden „italische“ Bauleute nach Trier geholt, „die die Technik des Steinbaues im großen Stil noch beherrschten“ [R. 6]. Die „gestürzten Syenitsäulen (wurden) durch Kalksteinsäulen mit Spolienkapitellen des 2. Jh. ersetzt“ [Stadt Trier 96]. Westlich an den Quadratbau anschließend wurde auf den alten Fundamenten eine Basilika „restauriert“ (oder überhaupt erst gebaut?), wie an Bauresten unter dem heutigen Domfreihof rekonstruiert wurde [R. 7].

Die Wiederaufbaumaßnahmen des Nicetius wurden von Venantius Fortunatus bei seiner Moselfahrt (565/66) und später von Alkuin (ca. 780) besungen.

Das frühe Mittelalter

In den folgenden 360 Jahren (550–910) scheinen dann keine Reparaturen erforderlich gewesen zu sein. Weder Karl der Große, der „vor oder nach 800 […] Weihnachten in Trier“ gefeiert habe, noch Ludwig der Fromme, der 821 Trier besucht habe [R. Datentafel], hinterließen irgendwelche Spuren.

Der „Domstein“, ein beliebter Kinderspielplatz [Kuhnen 119]

Abb. 5: Der „Domstein“, ein beliebter Kinderspielplatz (Kuhnen 119)

Auch der legendäre Wikingereinfall in der Karwoche 882 („Normannensturm“), bezeugt durch Regino von Prüm [Anton/Haverkamp 90], hat anscheinend keine merklichen Schäden hinterlassen. Zwar konnten sich „die Stadt und der Dom nur langsam und schwer“ erholen, aber das „Ausmaß der damaligen Schäden am Dom ist unbekannt“ [R. 7]. Dagegen glauben die Autoren des Landesamts für Denkmalpflege, „[w]elche Ausmaße die Verwüstungen erreichten, ist nur annähernd zu ermitteln […]. Nachgewiesen sind Beschädigungen im Dombereich“ [Stadt Trier 22].

„Ob überhaupt und inwieweit nach dem Normannensturm der Dom wiederhergestellt werden konnte, entzieht sich unserer Kenntnis. Auf alle Fälle kann man im Anfang 10. Jahrhunderts einige Baumaßnahmen nachweisen.“ [R. 7]

Doch diese betrafen nach heutiger Kenntnis nur einen kleinen Innenbereich. Erneut weichen die Autoren des Landesamts für Denkmalpflege ab, denn sie sehen eine „Instandsetzung des Quadratbaus um 920“ [Stadt Trier, 96].

Unter Erzbischof Heinrich, „der 958 das Marktkreuz errichtete“, wurde der Kreuzgang mit den Klerusgebäuden „erneuert oder neu erbaut“ [R. 7].

Erzbischof Egbert „baute auch am damals durch die Folgen des Normannensturms noch schadhaften Doms“, ließ die (1792 wieder abgerissene) Andreaskapelle an der Nordseite errichten, die Fundamente für einen Westbau legen und insbesondere 989/90 die „im 6. Jahrhundert […] errichteten Säulen mit kreuzförmigen Pfeilern […] ‘ummanteln’“. Die Datierung sei „durch Bauhölzer eindeutig […] (Die alte Chronik wies sie dem 11. Jahrhundert zu […])“. Dennoch waren die Pfeiler bei seinem Tode „noch nicht zu Ende gebaut“ [R. 7]. Hier wurden also die Angaben der „alten Chronik“ (ohne Verweis) durch die Dendrochronologie nach unten korrigiert!

„Unter Egberts Nachfolgern scheint die Bautätigkeit am Dom geruht zu haben; der Bau selbst gibt keine Nachrichten preis, und auch die schriftlichen Quellen schweigen“ [R. 7].

Spätes Mittelalter und Neuzeit

„Erst unter Erzbischof Poppo [1016–1047;…] wurden die Bauarbeiten am Dom wieder aufgegriffen und zügig vorangetrieben“ [R. 8].

Die Autoren des Landesamts für Denkmalpflege [Stadt Trier 96] müssen jedoch noch schnell die ansonsten nicht belegbare Karolingerzeit anführen:

„Nach dem Abbruch des karolingischen Langhauses entstand durch die Übernahme des Quadratbaus und durch Wiederholung seiner rhythmisch wechselnden Jochgrößen nach Westen eine dreischiffige, fünfachsige Pfeilerhalle (nordwestlicher Mittelschiffpfeiler dendrochronologisch 1040 datiert). […] Abschluss des popponischen Bauprogramms bildete der aufs engste mit dem Langhaus verzahnte, heute noch erhaltene Westchorbau (Erdgeschoß des Nordwestturms 1042 dendrochronologisch datiert […]).“

Der Hinweis auf den „Abbruch“ eines vorher nicht erwähnten „karolingischen Langhauses“ erstaunt; ein solches wird weder von Ronig noch von Kuhnen erwähnt; auch Anton/Haverkamp kennen keine karolingischen Bauarbeiten am Dom. Erwähnt wurde vorher lediglich, dass „unter Erzbischof Egbert (977–93) ein dreischiffiges Langhaus begonnen“ wurde [Stadt Trier, 96]. Gilt diese Zeit noch als „karolingisch“? Oder haben sie dessen Bauarbeiten mit denen von 910/20 verwechselt?

Weitere Restaurierungsarbeiten folgen im 13. Jh.

Danach sind für die nächsten 500 Jahre wieder keine nennenswerten Restaurierungsarbeiten erforderlich, und die folgende Wiederherstellung (1719–23) ist einem Brand (1717) geschuldet. Anders als in den Jahrhunderten von 550 bis 910 aber erfolgten im Durchschnitt etwa alle 40 Jahre mehr oder minder umfangreiche Um- und Erweiterungsbauten.

Schlussfolgerung

„Schnitt durch den nordwestlichen Vierungspfeiler und das nördliche Seitenschiff (mit Blick von Osten): Treppen des Quadratpodiums (4. Jh.); nicetische Säule (6. Jh.) mit Ummantelung (10. Jh.); Ziegelbögen (6. Jh.), durch barockes Fenster (18. Jh.) durchbrochen; darunter: sichelförmiger Bogen (11. Jh.); Wand, Wandpfeiler und Kapitellrest (4. Jh.); Spitzbogen und Füllmauerwerk (11. Jh.)“ [Ronig 6]

Abb. 6: „Schnitt durch den nordwestlichen Vierungspfeiler und das nördliche Seitenschiff (mit Blick von Osten): Treppen des Quadratpodiums (4. Jh.); nicetische Säule (6. Jh.) mit Ummantelung (10. Jh.); Ziegelbögen (6. Jh.), durch barockes Fenster (18. Jh.) durchbrochen; darunter: sichelförmiger Bogen (11. Jh.); Wand, Wandpfeiler und Kapitellrest (4. Jh.); Spitzbogen und Füllmauerwerk (11. Jh.)“ (Ronig 6)


Ein Schnitt durch einen Vierungspfeiler (Abb. 6) demonstriert sehr schön die archäologisch nachgewiesenen Jahrhunderte mit Bautätigkeiten in diesem Bereich des Dom: 4., 6., 10., 11., 13., 18.; im Verein mit anderen Stellen sind das 10. bis 20. Jh. lückenlos belegt.

Ein Nachweis von Spuren aus dem „erfundenen“ Mittelalter ist nicht gelungen. (Das [in Stadt Trier 96] erwähnte „karolingische Langhaus“ ohne Verweis auf Jahreszahlen oder auf einen Bauherrn betrachte ich nicht als ‚Nachweis’ – nicht einmal als ,Spur’.)

Sogar einige der dem 10. Jh. zugewiesenen Bautätigkeiten könnten aus dem Anfang des 11. Jh. stammen, wenn die oben erwähnte „alte Chronik“ recht hat und die Dendrochronologie sich irren sollte. (Könnte es nicht auch sein, dass die Hölzer bei ihrer Verbauung schon Jahrzehnte alt waren?)

Die offizielle Baugeschichte kennt jedenfalls keinerlei Bautätigkeit in der Zeit von 550 bis 910.

Nachwort und Ausblick

Nicht nur an der zentralen Kirchenanlage Dom und Liebfrauen lässt sich in Trier eine deutliche zeitliche Baulücke feststellen. Während der von Illig [1996] identifizierten Phantomzeit wurde in der Stadt Trier auch nichts anderes gebaut – und kein Mensch begraben. Andererseits sollen rund um Trier – von Saarburg bis Wittlich – zahlreiche Gräber gefunden worden sein, die in die Zeit der späten Merowinger und der Karolinger datiert werden. Ich berichte darüber in den Folgebeiträgen.

Literatur

Anton, Hans-Hubert / Haverkamp, Alfred (Hrsg., 1996): Trier im Mittelalter, 2000 Jahre Trier, herausgegeben von der Universität Trier, Band 2; Trier

Illig, Heribert (1996): Das erfundene Mittelalter; Düsseldorf

Kuhnen, Hans-Peter (2001): „Dom und Liebfrauen: Die Anfänge der Trierer Bischofskirche“, in: ders. (Hrsg.): Das römische Trier, Führer zu archäologischen Denkmälern in Deutschland, Band 40; Stuttgart

R. = Ronig, Franz (1982): Der Dom zu Trier; Königstein im Taunus

Stadt Trier = Stadt Trier. Altstadt, Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz, Band 17.1 (2001), hrsg. im Auftrag des Ministeriums für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur vom Landesamt für Denkmalpflege, bearbeitet von Patrick Ostermann; Worms