Rätsel um Potsdams Ersterwähnung
Urkundenfälschungen auf Otto III.
von Dietmar Franz
Im Juli des Jahres 993 schenkt der unmündige König Otto III. seiner Tante Mathilde die Orte Poztupimi und Geliti. Allerdings liegen sie im Havelland und somit außerhalb königlichen Zugriffs. Was also sollte Mathilde als Quedlinburger Äbtissin mit ihnen? Doch so steht es in einer Urkunde, aus deren Datum das Alter von Potsdam errechnet wird. Zu Unrecht, wie sich im Verlaufe der Untersuchung durch Dietmar Franz emeut und vertieft herausstellt. Der eingehende Vergleich zwischen als gesichert geltendem Wissen über das Havelland im 10. Jahrhundert und dem Inhalt der Urkunde widerlegt die Urkunde vielfach. Ihr folgt ohnehin erst 324 Jahre später die nächste urkundliche Nachricht zu Potsdam. Franz präsentiert all jene Rätsel, die durch diese Urkunde erzeugt werden, und verweist schließlich das Dokument in ein deutlich späteres Jahrhundert. Er untermauert damit den rechtshistorischen Befund, wonach es keine echte Urkunde Ottos III. an Quedlinburg geben kann. So hat das ‘tausendjährige’ Potsdam seine 700-Jahr-Feier noch vor sich. |
135 Seiten, 11 Abb., Pb.
1. Auflage Februar 2008
ISBN 978-3-928852-35-7
Mantis-Verlag
Preis: 12,90€; 11,50€ für inländische Abonnenten der Zeitensprünge
Der Mantis-Verlag hat mit dem Jahr 2003 die Publikation von Büchern zum Thema “Phantomzeit” eingestellt (wenn man den Roman von Werner Thiel mal vernachlässigt).
Deutliches Indiz für diesen merkwürdigen Trend ist das Buch von Dietmar Franz mit der Dokumentation einer Lokalposse um die Echtheit einer Urkunde aus einer Zeit diesseits der Phantomzeit. Immerhin hatte Franz vor einiger Zeit einen Vortrag dazu in E.Gabowitschs Potsdamer Geschichtssalon gehalten.
Franz kann “glücklicherweise” (S. 83) “Fragen außen vor lassen”, wie die ob der Verlauf der askanischen Ostexpansion “bloße Geschichtsschreibung … des Humanismus der Renaissance” sei. Andererenfalls hätte er eigentlich mit der Lieblingsthese des Verlegers kollidieren müssen.
Mal sehen, ob dieser “Trend” anhält und wohin er führt…
Aha: der Name “poztupimi” bleibt auch nach der Lektüre unerklärt.
Im Polnischen gibt es ein Wort “podstep” (mit nasalem e zu sprechen: “podstemp”) mit der Bedeutung “Trick, Hinterlist”.
Vielleicht ist dies der wichtigste Hinweis auf die Unechtheit der Urkunde, die wohl Anfang des XVIII. Jh. fabriziert worden sein mag.
Kaum ein halbes Jahr nachdem diese durch keinerlei Hintergrundwissen getrübte Behauptung hier hinterlassen wurde, war sie durch das Erscheinen des Chiemsee-Buches auch schon widerlegt.
Die Herausgabe der Zeitensprünge lässt nicht viel Zeit nebenher und so hatten länger aufgeschobene Projekte zur Chronologiekritik in der Antike (Mykene von Heidrich, Veraltete Vorzeit, Sumerer) und flankierende Überlegungen (Kerner) Vorrang vor neuen Buchveröffentlichungen zur Phantomzeit. Dieses Thema wurde vorrangig und in reicher Fülle in den Zeitensprüngen abgehandelt. Weder Heidrich noch Kerner waren Chronologie-Kritiker, liefern aber gute Indizien für Geschichtskürzungen, weshalb ihre Bücher im Mantis-Verlag herausgebracht wurden.
Warum also sollte dann ausgerechnet das Buch von Dietmar Franz über Fälschungen aus der vermuteten Zeit der Erfindung der Phantomzeit nicht ins Programm passen? Und wenn man nicht im Selbstverlag tätig werden will, gibt es für diese Themen kaum eine andere Adresse im deutschsprachigen Raum, unabhängig davon wo man Vorträge hält.
Es gibt keinen Zwang zur Beschäftigung mit den Ansätzen eines Brätz, Gabowitsch, Topper, Pfister, Dübbers etc., mal abgesehen von einer Kenntnisnahme dieser Vorstellungen und ihrer gelegentlichen Erwähnung. Aber diese Auseinandersetzung soll hier nicht erneut begonnen werden, hierzu ist schon alles in diversen Kommentaren zu einigen Beiträgen der letzten Zeit gesagt worden.
Davon, ob der Name “poztupimi” im Buch wirklich nicht erklärt wird oder keine Erklärungsvarianten dargebracht werden, sollte sich der geneigte Leser besser selbst überzeugen. Ich betrachte das Buch jedenfalls als interessant und durchaus lesenswert.