Zeitenspringer als Superlativ von Verschwörungstheoretiker
Bis gerade eben lief im Blog Zoon Politikon des Politikwissenschaftlers Ali Arbia eine Diskussion über Verschwörungstheorien. Arbia hatte in einem Beitrag mit dem Titel Was ist der Superlativ von Verschwörungstheoretiker? einige solcher Theorien aufs Korn genommen. Insbesondere hatte er sich den Schweizer Philosophen und Schriftsteller Armin Risi vorgeknüpft. Risi war es, der ihm als der im Titel gemeinte ultimative Verschwörungstheoretiker erschien.
Nun mag man dem Autor in Bezug auf Risi gerne zustimmen. Interessant an dem Ganzen ist aber nicht so sehr der Arbia-Artikel, sondern vielmehr der Umstand, dass es in der anschließenden Diskussion bald nur noch um die Fantomzeitthese ging. Herr Arbia kannte uns nicht, was zwar nicht weiter erstaunt, in der Diskussion aber mit Verwunderung registriert wurde. Hätte er uns gekannt, wären wir womöglich noch vor Herrn Risi gelandet – zumindest lässt die Fokussierung der Diskussion auf unsere These das vermuten.
Den Diskutierenden war vor allem die Frage wichtig, ob wir eine politische Absicht verfolgen, also ob wir mit unserer “Verschwörungstheorie” insgeheim entweder dem Links- oder dem Rechtsextremismus zum historischen Endsieg verhelfen möchten. Nachdem festgestellt wurde, dass das Streichen von Karl dem Großen weder als rechts noch als links einzustufen sei, gelten wir nunmehr als weitgehend “harmlos”. Lediglich in einem Nachtrag heute ventilierte noch jemand die nicht gerade zum ersten Mal gehörte Idee, dass das Kürzen des Mittelalters sich bequem auf die zwölf Jahre des Tausendjährigen Reiches übertragen ließe, es also “nicht unlogisch” wäre, wenn sich Rechte auf uns beriefen.
Das Niveau dieser Diskussion, in der wir für Verschwörungstheoretiker gehalten wurden, war erwartungsgemäß nicht sonderlich hoch. Irrig ist zum Beispiel die Meinung, Heinsohn würde sich auf Velikovskys Katastrophentheorie berufen, um damit den Holocaust zu erklären (Heinsohns Auschwitzbuch ist diesem Kreis offenbar nicht bekannt). Heinsohn beziehungsweise dem Juden Velikovsky eben deshalb Revisionismus vorzuwerfen, ist ein weiterer Fehler, der – wie zu hoffen ist – auf Naivität und nicht auf Bosheit zurückgeht. Insgesamt kam als Ergebnis heraus, dass unsere These keinen bestimmten Grund und kein bestimmtes Ziel habe, was allerdings schwer zu verstehen sei, da wir “über Dekaden Gelächter als Lohn” kriegen und “dennoch immer weiter machen” würden.
Inhaltlich wurde die Mittelalterthese selbstverständlich nicht diskutiert.
Es ist schon recht amüsant, sich anzuschauen worüber Personen so nachdenken, wenn sie auf die Phantomzeitthese im Kontext einer Diskussion über „Verschwörungsthesen“ treffen.
Ist es tatsächlich so schwer verständlich oder geradezu undenkbar, dass man ein Thema aus rein akademischem Interesse bearbeitet, dass man Spaß am Rätsellösen hat und dass man nur schwer in der Lage ist, einen einmal erkannten Widerspruch, ein einmal erkanntes Problem, beiseite zu schieben, ohne es einer Lösung zuzuführen?
Die jeweilige stratigraphische Situation gilt uns „Zeitenhopsern“ als zentrales Kriterium zur Entwirrung der geschichtlichen Stränge. In dieser Hinsicht unterscheiden wir uns von den traditionellen Wissenschaften, die deutlich schriftgläubiger sind und im Zweifel diesen den Vorzug geben. Seit spätestens 1998 läuft exakt an dieser Trennlinie auch ein Bruch innerhalb der deutschsprachigen Chronologiekritik. Wer die kürzliche Diskussion in unserem Forum verfolgt hat, der weiß warum.
Und natürlich gilt: Wer zuletzt lacht, der lacht am besten …
Lieber ao,
ich stimme dir zu, was den zweiten Absatz betrifft,die Motivation: Freude am Rätsellösen, und was den Einzelnen noch motivieren mag.
Nicht jedoch darin, dass “uns” (?) alle miteinander “die jeweilige stratigraphische Situation als zentrales Kriterium zur Entwirrung der geschichtlichen Stränge” gilt. Mir jedenfalls nicht, schon gar nicht in jedem Fall.
Dafür gibt es erstens zu wenig klare Stratigraphien, und zweitens hab ich damit meine Probleme: für wie viel Jahre reicht denn die Erde, die inzwischen über den römischen Schichten im Rheinland liegt? Chronologiekritisches Bemühen um Ereignissynchronisation kann sich nicht nur auf Stratigraphie stützen. Und dass sie es nicht tut, zeigen die Beiträge in ZS.
Und eine “exakte Trennlinie” sehe ich ebenfalls nicht. Ich finde sie auch weder wünschens- noch erstrebenswert.
Was diesen unsinnigen aber manipulativen Begriff “Verschwörungstheoretiker” betrifft, gibt es doch gar keinen Grund,”dem Autor in Bezug auf Risi gerne zustimmen.”
Wir lehnen den Begriff doch hoffentlich nicht nur ‘für uns’ ab, sondern grundsätzlich als einen Ausdruck von Denunziation, die nie zutreffend und akzeptabel ist.
Die Diskussion der oben erwähnten Schwachköpfe nachzulesen im Einzelnen, hab ich deswegen auch gar keine Lust.
„Stratigraphie“ ist vielleicht zu eng gefasst, hier mal ein anderer kurz, danach verfasster Kommentar meinerseits, welcher meine Intention hoffentlich deutlicher macht:
Das lässt durchaus Raum für andere Methoden, schaltet ihnen aber letztlich diesen Filter vor. Für mich jedenfalls ist das die grundlegende Basis der Chronologie-Kritik, so wie sie im Besonderen von Heinsohn und Illig aber auch von einem (so mein Eindruck) Großteil der Autoren und Leser der Zeitensprünge vertreten wird. Natürlich gibt es auch viele anders gelagerte Beiträge in den Zeitensprüngen, „zentral“ heißt schließlich nicht „einzig“, aber die oben genannten Kriterien bilden eine wichtige, und ich meine die wichtigste Messlatte bei der Bewertung von Lösungsansätzen.
[…] solcherart motivierten Voreinstellung ihren Ursprung. Kürzlich konnten wir das Phänomen in der hier kommentierten Debatte im Blog des Politikwissenschaftlers Ali Arbia […]