Zwei Hobbyforscher haben bei Harrogate in Mittelengland ein Silbergefäß entdeckt, das u. a. 617 Silbermünzen aus dem Frühmittelalter enthielt. Experten des Britischen Museums zufolge ist dies der bedeutendste Fund dieser Art seit 160 Jahren [Quelle: Offenes Buch aus Silber: Der Spiegel 31/2007 S. 124].
Der Schatz wird anhand von Münzen König Athelstans auf das Jahr 928 datiert. Andere Münzen darin stammen aus Mitteleuropa, Russland, der islamischen Welt, sowie aus Usbekistan und Afganistan. Damit ergeben sich vielfältige neue Möglichkeiten zum Abgleich der jeweiligen Chronologien.
So entstammen z.B. in Köln geprägte Münzen dieses Hortes der Zeit vor dem Jahr 911. Da archäologische Funde aus den dunklen Jahrhunderten europaweit fehlen, böte sich hier ein Vergleich mit archäologisch gesicherten Münzfunden des späten 6. Jh. an.
Bilder vom Schatz bei Focus.de
Wer ist nun aber dieser Æthelstan?
Wikipedia: “Æthelstans Schwester Eadgifu war mit dem westfränkischen König Karl dem Einfältigen verheiratet. Nachdem dieser 923 abgesetzt wurde, nahm Æthelstan sie und ihren Sohn Ludwig den Überseeischen an seinem Hof auf.”
Es gibt aber noch einen anderen Æthelstan!
Wikipedia: “Aethelstan († 722) wird für die Jahre ab 714 als König in Sussex erwähnt; damit liegt seine Herrschaft parallel zu der der Könige Nothelm (=Nunna) und Watt. Wie diese war er offenbar ein von Wessex eingesetzter Unterkönig und von Wessex vollständig abhängig. Im Jahre 722 wird offenbar Ealdbert sein Nachfolger.”
Tja, dumm nur, dass es von diesen beiden weitaus weniger Münzen gibt, als von einem Aethelstan, den man bislang in den Königslisten vergeblich sucht und zahlreiche Münzen hinterlassen hat: Æthelstan of East Anglia
Englische Wikipedia: “Æthelstan was king of East Anglia in the 9th century. As with the other kings of East Anglia, there is very little textual information available. He did, however, leave an extensive coinage of both portrait and non-portrait type (for example, Coins of England and the United Kingdom, Spink and Son, London, 2005 and the Fitzwilliam Museum database of early medieval coins: http://www.fitzmuseum.cam.ac.uk/coins/emc). It is suggested that Æthelstan was probably the king who defeated and killed the Mercian kings Beornwulf (killed 826) and Ludeca (killed 827). He may have attempted to seize power in East Anglia on the death of Coenwulf of Mercia (died 821). If this is the case, he was apparently defeated by Coenwulf’s successor Ceolwulf. The end of Æthelstan’s reign is placed in the middle or late 840s. He was succeeded by Æthelweard.”
Und dann ist da noch, der Däne Aethelstan, der seinen Namen änderte:
Wikipedia: “Guthrum der Ältere († um 890), getauft auf Æthelstan, König der dänischen Wikinger im Danelag.”
Damit dürfen wir schon nach zwei Namen suchen:
Guthrum (Guthram/Guthrom)=
Godrum (Godram/Godrom)=
Guthorm=Gorm
und
Aethelstan=Athelstan=Ethelstan=Adalstein=Adelstein
Und auch von Gorm dem Alten heißt es:
Wikipedia: “Gorm der Alte, dänisch Gorm den Gamle, (*vor 900; † nach 935) war ein dänischer Häuptling, der später König in Jütland wurde. Er wurde früher irrtümlich als der erste König Dänemarks angesehen.” – im entsprechenden dänischen Wikipedia heißt es nämlich “eller Gothrum/Gudrum” und dass auch dieser: “Gorm den Gamle (Æthelstan)” hieß und verweist auf den englischen Artikel: “Gorm the Old”, während Guthrum von East Anglia als “der Jüngere” durchgeht.
Interessanterweise steht auf einer dem Aethelstan von 924 bis 940 zugeschriebenen Münze auf der Rückseite “BIORNEARDMOLONDCI”. Bislang gab es wenig Anhaltspunkte für eine Deutung. Zeichnung der Münze
Dazu nun ist aber ein Verweis der norwegischen Genealogie interessant:
“Gudrod Bjornsson – was born about 0932 in Norway. He is the son of Prince Bjorn Haraldsson “The Merchant” of Norway.”
Dazu passt folgende Geschichte:
Wikipedia: “Björn Járnsiða (Latein: bier costae ferrae; deutsch: Björn Eisenseite) war ein vermutlich dänischer Wikingerführer. Er galt als Sohn von Ragnar Lodbrok. Zusammen mit seinem Bruder Hásteinn plünderte er in den 840er und 850er Jahren an den Küsten Westeuropas.”
BIORN EARDM OLONDCI
Björn Jár nsiða
Zur Identität von “Ea” und “Ja” siehe Wikipedia zu “Earl”: “Der Begriff Earl entstand aus dem dänischen Jarl und wurde seit der Eroberung Englands durch den Dänenkönig Knut statt des bis dahin gebräuchlichen sächsischen Ealdorman (→ Alderman) angenommen.”
Damit sind wir aber beim Dänen Hasteinn (Hasting) angelangt.
Vgl. dazu den interessanten namenskundlichen Eintrag vom Reallexikon der germanischen Altertumskunde
Die Wahrscheinlichkeit, dass der Wikinger Hasteinn im angelsächsichen zum Aethelstan mutierte ist sehr groß.
Eine andere Möglichkeit kommt hier ins Spiel
BIORN EARD(or)M(an) OLONDCI
Björn Eardorman
Ein Eardorman wird öfters als “Sohn” von Aethelred, König von Wessex, angeführt. Aber auch “Ethelred, Eardorman Of Gainas” ist ein interessanter Hinweis.
Eardorman=Ealdorman
In diesem Zusammenhang sollte man dann aber auch an “Gudrød Bjørnsson” denken, Sohn von Bjørn Farmann, dem ersten norwegischen König
Andere Zusammenhänge werden noch deutlich, wenn man zugrundelegt:
Guthorm=
Gormond=Garmund=Germund(us)
Vormund=Varmund=Vermund(us)
Wormund=Warmund=Wermund(us)=
Vorm/Worm=Vurm/Wurm
Geirmund(r)
Denn dann kommt plötzlich auch noch “Vermund/Wermundus der Weise von Dänemark” ins Spiel.´
Offen bleibt die Bedeutung des “olondci” auf der Münze hinter “Björn Eardorman”. Hat jemand eine Idee.
In jedem Fall ist aufgrund dieser Überlegungen nicht auszuschließn, dass der Wikingerschatz jünger oder älter ist, je nachdem welchem Aethelstan (Edelstein) man die gefundenen Münzen zuordnet.
“LON” steht wohl für die Prägestätte “Londinium”, das hieße dann im Klartext, dass zur Zeit Aethelstans ein Björn, Earl von London war und als solcher “moneyer” (monetaris)