Nachdem sich die Frankfurter Allgemeine Zeitung vor kurzem mit einem seichten Artikel zum Thema Chronologiekritik negativ hervorgetan hatte, hat sie vorgestern Wiedergutmachung geleistet: Chris Marx weist auf einen ausgezeichneten Beitrag des österreichischen Publizisten Thomas Strobl über Gunnar Heinsohn hin. Darin wird endlich mal Heinsohns Doktorarbeit über die Entstehung der antiken Eigentumsgesellschaft angemessen gewürdigt. In der Diskussion hat sich auch Marx selbst zu Wort gemeldet.
Mit Heinsohn meint es die FAZ ohnehin gut: Am 20. Mai erschien von seiner Hand Die nächste Blase schwillt schon an – eine eigentumsökonomische Analyse der derzeitigen Bankenkrise.
Leider kann ich den Beitrag nicht so ausgezeichnet finden – trotz des überschwänglichen Lobs für Heinsohn.
Strobl unterschlägt – bewusst ? – schlicht Heinsohns immer wieder betonte zentrale Aussage, dass die Revolution der Eigentumswirtschaft ausschließlich gegen die Feudalgewalten geht!! Versprengte Mitglieder aus Stammesgesellschaften mögen sich zwar angeschlossen haben, aber auch die Träger der Revolution entstammen Feudalgesellschaften.
Für mich bedeutet das Verschweigen dieser zentralen These den Versuch zur Uminterpretierung!
ACK, “ausgezeichnet” ist mindestens zu relativieren: im Vergleich zum früheren FAZ-Artikel über Chronologiekritik und im Hinblick auf den Erscheinungsort (Tageszeitung).
Ich gebe Dir auch darin Recht, dass Strobl die Heinsohn-Pointe der notwendigen Revolution gegen die Feudalgewalt verpasst. Strobl selbst ist wohl eher kein Wirtschaftswissenschaftler oder -historiker. Er hat sich früher zum Debitismus des Paul Martin bekannt, dann aber gemerkt, dass Martin mit diesem Ansatz (Wirtschaft als Kettenbriefsystem von Schuldverschreibungen) nichts über Keynes hinaus sagt. Seither nennt sich Strobl nicht länger Debitist (vgl. diesen Artikel mit Kommentaren).
Übrigens wird sich Strobl auf S. 35 von Privateigentum Patriarchat Geldwirtschaft bezogen haben. Heinsohn schreibt dort u. a.: “Obwohl die Aufteilung von Land zu individuellem Privateigentum in der Antike – ganz analog zur Entwicklung der europäischen Neuzeit – feudale Gutsbezirke voraussetzt, sprechen viele Überlieferungen dafür, daß sich in diesem revolutionären Akt auch Abkömmlinge von Stammesgesellschaften hervorgetan haben.”